„Wenn ich die Verdienste der Philosophen der Frankfurter Schule anerkenne, so tue ich es mit dem schlechten Gewissen von jemanden, der ihre Bücher früher hätte lesen, sie früher hätte verstehen sollen. Hätte ich ihre Bücher gelesen, so hätte ich eine Menge Dinge nicht sagen müssen, und mir wären Irrtümer erspart geblieben. Vielleicht wäre ich, wenn ich die Philosophen dieser Schule in meiner Jugend kennengelernt hätte, von ihnen so begeistert gewesen, daß ich nichts weiter hätte tun können, als sie zu kommentieren.”

MichelFoucault

Aufgrund der Menge an Schriften, Themen und Analysen habe ich im Folgenden eine Unterteilung vorgenommen. Ich denke, es ist fundamental die Philosophie der beiden Denker vor die eigentliche sozialwissenschaftliche Thematik zu stellen, da ich diese als Grundbedingung zum Verständnis ihrer Vorstellungen begreife. So werde ich im ersten Teil zunächst einen Vergleich der zugrunde liegenden Philosophien darlegen.

Dieser soll im Konkreten die Methodik, die Vernunftkritik, die Sprach- und Begrifflichkeitsbedeutung, die Rolle der Naturbeherrschung, das Problem von Theorie und Praxis und ihre Auffassungen bezüglich der Auswirkungen der Theorien erläutern. Die sich daraus ergebenden Derivate der Grundverständnisse werde ich im anschließenden Kapitel „Gemeinsame Analysefelder“ betrachten. Da diese sehr umfangreich sind und sich nicht selten überschneiden, habe ich diese in: Ideologie, Wissenschaftskritik und Wahrheit, Macht und Herrschaft, Disziplinartechniken, Individualismus, Patriarchat, Gesellschaft und Kapitalismuskritik unterteilt.

Foucaults Ansicht über Kommentare bzw. über die Interpretation von Texten ist postmodern geprägt, so ist eben auch sein Stil, die Interpretation von Texten, ja das reine Lesen, als eine Verschiebung des Textes zugunsten des Lesenden zu sehen. „[Der] Kommentar, welche Methoden er auch anwenden mag, [hat] nur die Aufgabe, das schließlich zu sagen, was dort schon verschwiegen artikuliert war.“78 Der Genealoge, der „gute Historiker“79, darf sich nicht von der Maskerade abhalten lassen, schreibt er und meint damit, dass die Interpretation (hier im Speziellen der Geschichte) eine Frage der Macht und der damit verbundenen Episteme80 ist. Davon dürfe man sich aber nicht abschrecken lassen. Gemäß dieser Maxime versuche ich die Gemeinsamkeiten von Adorno und Foucault in späteren Artikeln herauszuarbeiten.

Foucault hat selbst in seinem Werk ‚Was ist Kritik’81 eine Ähnlichkeit in der Bedeutung von Macht und Vernunft in der ‚Dialektik der Aufklärung’ von Horkheimer und Adorno erkannt. Diese ist durch deren beider Abgrenzungen zu Kant eminent.

Ein Zusammenhang zwischen Foucault und Nietzsche sowie zwischen Adorno und Nietzsche ist nicht von der Hand zu weisen. Ich werde versuchen, die stellenweise offensichtlichen Übereinstimmungen in den Arbeiten der beiden Philosophen Adorno und Foucault darzulegen. Die Basis der Arbeiten geht dabei jeweils auf Nietzsche zurück, was aber nicht im Mittelpunkt dieser Arbeit steht, sondern deren Gemeinsamkeiten. Meine Interpretation der Texte der drei Philosophen werde ich im Weiteren mit einigen Zitaten zu begründen versuchen.

Foucault, so die These, kann man als die spezialisierte Erweiterung und Ergänzung der allgemeinen Theorie von Adorno verstehen. Beide beginnen am selben Punkt, überschneiden sich in ihren Analysefeldern und kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Foucaults Erkenntnisinteresse verfolgt ein der Kritischen Theorie ähnliches Ziel.82

Beide sind „Fundamentalkritiker“, da sie nicht die gängigen soziologischen Analysemuster nutzen, sondern das Fundament, die Legitimität der Gesellschaft und den Institutionen hinterfragen wollen. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum sie sich nicht mit ihrer zeitgenössischen Soziologie arrangieren konnten.

Literaturnachweis zu den Gemeinsamkeiten zwischen Michel Foucault und Theodor W. Adorno

76 In Leipzig gab es 2007 eine Foucaulttagung mit dem Titel: Foucault und Widerstand.
77 Foucault spricht hierbei nicht nur von Macht- oder Disziplinartechniken, sondern auch von Selbsttechniken, Techniken, Disziplinarmaßnahmen, politischen Technologien des Körpers oder schlicht von Techniken.
78 Foucault (2003): „Ordnung des Diskurses“, S. 19.
79 Foucault (1996): „Nietzsche, die Genealogie, die Historie“, S. 85.
80 Definition siehe Foucault (2003): „Archäologie des Wissens“, S. 272.
81 Foucault (1992): „Was ist Kritik“.
82 Vgl. Schroer (2001): „Das Individuum der Gesellschaft“, S. 88.

Von admin

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